Nicht nur die Not, „abgehende Winde“ zurückhalten zu wollen, macht Blähungen zu einer Strapaze. Auch begleitende Schmerzen können quälend werden. Dabei steckt hinter der „Flatulenz“ meist nichts wirklich Schlimmes. Bei den vielen eher harmloseren Ursachen für Blähungen sollte man aber nicht vergessen, dass sie auch ein Signal für ernsthafte Erkrankungen sein können. Wie man Darmgas am besten vermeidet und wann ein Arztbesuch angeraten ist.
Blähungen sind eine häufige Erscheinung, die in den meisten Fällen nicht weiter beunruhigend ist. Unangenehm ist zu viel Luft im Darm aber auf jeden Fall. Die meisten Darmgase entstehen bei der Verdauung, zum Beispiel Kohlendioxid (CO2) aus der Neutralisierung von Magensäure im Darm. Ein Teil des anfallenden CO2, das übrigens geruchlos ist, gelangt über das Blut in die Lungen und wird einfach abgeatmet. Die übrige Darmluft verlässt den Körper über den Darm. Den Geruch bewirkt ein Mix aus Wasserstoff, Stickstoff, Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff sowie anderen Gärungsprodukten.
Neben ungünstiger Ernährung kann Stress eine Ursache für zu viel Luft im Bauch sein. Wer in Hektik sehr hastig isst, schluckt dabei eine Menge Luft. Diese macht sich als Völlegefühl im Magen oder durch unangenehmes Aufstoßen bemerkbar. Ein kleiner Teil gelangt in tiefere Etagen des Verdauungstrakts und verlässt ihn über den Darm.
Hinter häufigen Blähungen kann sich in seltenen Fällen ein Darmleiden verbergen. 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung berichten über reizdarmähnliche Beschwerden, die Medizin spricht vom Reizdarmsyndrom. Diese Funktionsstörung des Darms geht mit Bauchschmerzen, Durchfall und/oder Verstopfung einher. Für das Auftre-ten der Erkrankung spielen offenbar mehrere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Infektionen und Stress.
Es gibt eine ganze Reihe von blähenden Lebensmitteln, etwa Zwiebeln, Kohl und Hülsenfrüchte. Bei Menschen mit einer Milchzucker-Unverträglichkeit können Vollmilch oder andere Milchprodukte Probleme verursachen. Fruchtzucker in Obst oder Erfrischungsgetränken kann bei Empfindlichen ebenfalls zu Blähungen führen. Wer unverträgliche Nahrungsmittel vorsichtiger dosiert oder ganz meidet, reduziert das Risiko für Blähungen deutlich. Betroffene, die sich nicht sicher sind, welche Nahrungsmittel sie schlecht vertragen, können eine Zeit lang ein Ernährungstagebuch führen. So lässt sich schnell herausfinden, was zu den Beschwerden führt. Auch eine Umstellung von wenigen großen Portionen auf mehrere kleine, über den Tag verteilt, bringt oft schon eine deutliche Verbesserung.
Für die typischen Beschwerden eines Reizdarms sind offenbar bestimmte Lebensmittel die Ursache. In letzter Zeit sind vor allem sogenannte FODMAPs in den Fokus geraten. Das steht für fermentierende (F) Oligosaccharide (O), Disaccharide (D), Monosaccharide (M) und (A) Polyole (P). Das sind bestimmte Zuckerarten, zum Beispiel Milchzucker (Laktose), Fruchtzucker (Fruktose), Raffinose, Stachyose und Sorbitol. Reizdarmpatienten vertragen nur kleine Mengen davon. Lebensmittel, die viele FODMAPs enthalten, sind Brot und Backwaren, Hartweizennudeln, Süßigkeiten, Milchprodukte, leider auch viele Obst- und Gemüsesorten sowie Obstsäfte, Müsli, Honig und Süßungsmittel. Im Rahmen einer Ernährungsberatung lassen sich die Hauptauslöser meist schnell identifizieren und Strategien entwickeln, wie man diese Lebensmittel durch andere ersetzt.
Heilpflanzen wie Anis, Fenchel, Kümmel oder Pfefferminze wirken entblähend, krampflösend und entlasten den Darm. Es gibt sie in Form von Tees oder zum Bei-spiel als Pfefferminz- und Kümmelöl in Kapselform. Kurzfristig leisten auch Entschäumerpräparate aus der Apotheke mit Wirkstoffen wie Dimeticon oder Simeticon gute Dienste. Gegen die akuten Bauchschmerzen hilft meist Wärme: Mit einer (nicht zu heißen und nicht zu schweren) Wärmflasche auf dem Bauch löst sich das Blähgefühl nach einer Weile oft sanft auf. Ideal, wenn man sich für diese Wärmepause eine gewisse Zeit in Ruhe zurückziehen kann.
Die wichtigste Maßnahme bei Flatulenz besteht darin, den persönlichen Lebensstil zu überprüfen. Manchmal genügen wenige Veränderungen, damit die Beschwerden deutlich zurückgehen. Der Verzicht auf stark blähende oder individuell nicht gut verträgliche Speisen gelingt manchen leichter im Rahmen einer Ernährungsberatung. Auch Getränke können der Grund für Blähungen sein, vor allem Bier, Limonaden und Mineralwässer mit Kohlensäure, Milchdrinks, einige Fruchtsäfte sowie Diät- und Light-Drinks mit dem Zuckeraustauschstoff Sorbit oder Fruktosezusatz.
Den meisten Menschen mit Blähbeschwerden tut es gut, statt weniger üppiger Mahlzeiten mehrere kleine Portionen am Tag zu essen. Kurze Spaziergänge nach dem Essen und regelmäßige Bewegung bringen den ganzen Körper in Schwung – auch der Darm tut sich dann wesentlich leichter.
Gehen Sie zum Arzt, wenn sich die Beschwerden nicht durch die Ernährung erklären lassen oder wenn Sie älter als 40 Jahre sind und noch nie Probleme mit Blähungen hatten. Auch plötzlich auftretende, sehr heftige Schmerzen sollten schnellstens abgeklärt werden. Eine akute Überblähung kann im schlimmsten Fall auf einen Darmverschluss oder eine Darmlähmung hinweisen. Beide Komplikationen gehen in der Regel mit starken Bauchschmerzen einher. Es sind Notfälle, die jedoch selten vorkommen.
Quelle: Wort und Bild Verlag
Bild: Getty Images
Freitag, 22. Mai 2020