Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung. Die beiden häufigsten Formen sind Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2. Charakteristisch sind zu hohe Blutzuckerwerte, die Organe wie Herz, Augen und Nieren sowie die Blutgefäße schwer schädigen können. Deutlich mehr Menschen erkranken an Typ 2 als an Typ 1. Was die beiden Varianten unterscheidet und wie Sie sie erkennen.
Umgangssprachlich ist oft von „Zuckerkrankheit“ die Rede, wenn Diabetes mellitus gemeint ist („mellitus“ bedeutet auf Lateinisch „honigsüß“). Bei beiden Varianten, Typ 1 und Typ 2, steigt der Blutzuckergehalt. Die Ursachen unterscheiden sich jedoch.
Der Typ-1-Diabetes beginnt meist schon im Kindes- oder Jugendalter. Die Ursache ist ein in der Regel kompletter Mangel des körpereigenen Hormons Insulin. Der Grund dafür ist eine Fehlreaktion des Immunsystems: Es zerstört die insulinprodu-zierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Deshalb spricht man bei Diabetes Typ 1 auch von einer Autoimmunerkrankung.
Weitaus häufiger kommt Typ 2 vor. Dabei entwickelt sich eine Insulinresistenz, meist in der zweiten Lebenshälfte. Die Zellen des Körpers reagieren immer weniger empfindlich auf Insulin. In der Folge kann das Hormon aus der Bauchspeicheldrüse seine zuckerverwertende Aufgabe nicht mehr erfüllen, der Blutzuckerspiegel steigt. In der Regel kommen mehrere Faktoren zusammen, die schließlich zu Diabetes Typ 2 führen. Eine Rolle spielt die erbliche Veranlagung: Wer nahe Verwandte mit Typ-2-Diabetes hat (vor allem Eltern oder Geschwister), erkrankt eher: Die Wahr-scheinlichkeit beträgt dann bis zu 60 Prozent. Ungesunde Ernährung kann die Stoffwechselerkrankung fördern: Übergewicht gilt als kritisch, vor allem als Fett im Bauchbereich. Stressfaktoren wie chronische Überlastung, Schlaf- oder Bewegungsmangel haben ebenfalls einen Einfluss.
Mittlerweile leiden zunehmend auch jüngere Menschen an Diabetes Typ 2, sogar bei Kindern und Jugendlichen wird die Krankheit häufiger diagnostiziert. Der Grund dafür ist, dass immer mehr Menschen schon in jungen Jahren stark übergewichtig sind und sich zu wenig bewegen.
Diabetes Typ 1 entwickelt sich in der Regel vor dem 40. Lebensjahr, oft sogar schon in der Kindheit oder Jugend. Die Autoimmunreaktion verläuft anfangs oft ohne Symptome, die entsprechenden Antikörper lassen sich aber mittels Blutuntersuchung Monate bis Jahre vor Ausbruch des Diabetes nachweisen. Bleibt die Krankheit unentdeckt, zeigen sich typische Symptome spätestens, wenn etwa 80 Prozent der Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört sind: häufiger Harndrang, starker Durst, Abgeschlagenheit und Müdigkeit, trockene Haut, Gewichtsverlust. Typisch ist auch eine Art Azetongeruch der Ausatemluft – wie Nagellackentferner oder fauliges Obst. Schließlich kommt es zu Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen. Ohne Insulinzufuhr besteht die Gefahr einer schweren Stoffwechselentgleisung (Ketoazidose), die ohne Gegenmaßnahmen tödlich enden kann.
Auch Diabetes Typ 2 macht lange Zeit keine Beschwerden und bleibt daher oft viele Jahre unentdeckt. Denn die Insulinresistenz entwickelt sich schleichend. Häufig wird die Krankheit erst festgestellt, wenn Patienten aus einem anderen Grund in einer Klinik behandelt werden, etwa wegen eines Herzinfarkts, der durch den Diabetes gefördert wurde. Dennoch gibt es Anzeichen, die auf die Stoffwechselkrankheit hinweisen können, wie häufiges Wasserlassen, Schwächegefühl, Durst und trockene Haut. Auch häufige Infekte können ein Hinweis sein.
Ob der Blutzuckerspiegel normal oder erhöht ist, lässt sich zum Beispiel durch einen Bluttest in der Arztpraxis ermitteln. Dieser findet morgens statt, nachdem man acht Stunden lang nichts gegessen und nichts Kalorienhaltiges getrunken hat („Nüchternbluttest“). Sind die Nüchternblutzuckerwerte leicht erhöht, kann das ein Hinweis auf eine Vorstufe von Diabetes sein. Dann folgt in der Regel ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT). Bei diesem Zuckerbelastungstest trinkt der Patient eine Zuckerlösung. Der Test zeigt, wie stark und wie lange der Blutzucker nach dem Trinken der Lösung steigt. Daran lässt sich erkennen, ob jemand ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes hat oder bereits daran erkrankt ist. In der Schwangerschaft wird der Test routinemäßig durchgeführt, um einen Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) rechtzeitig zu erkennen.
Einen Urintest für zu Hause gibt es zum Beispiel in Apotheken zu kaufen. Mit entsprechenden Harnteststreifen lässt sich feststellen, ob Glukose im Urin vorhanden ist. Als Früherkennungsmaßnahme ist dieser Test jedoch umstritten, weil ein Diabetes vorliegen kann, bevor Zucker mit dem Harn ausgeschieden wird. Das eigene Diabetesrisiko kann man auch online überprüfen, etwa auf der Website des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung. Gewissheit bringt jedoch nur ein Bluttest beim Arzt.
Auf Dauer schädigen erhöhte Blutzuckerwerte die Gefäße, die Nerven und zahlreiche Organe. Um das zu verhindern, müssen Menschen mit Typ-1-Diabetes Insulin spritzen oder sich das Hormon mit einer Insulinpumpe zuführen. Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle des Blutzuckerspiegels. Für die Protokollierung gibt es mittlerweile Technologien, zum Beispiel mit Smartphone und entsprechenden Apps – einige können sogar vor einer drohenden Unterzuckerung warnen. Heilen kann man Typ-1-Diabetes nicht. Mit einer individuell abgestimmten Insulin-Behandlung lässt sich die Stoffwechselerkrankung aber gut regulieren.
Zur Behandlung eines beginnenden Diabetes Typ 2 genügt meist eine Veränderung des Lebensstils – mehr Bewegung, gesündere Ernährung, Gewichtsreduktion –, um die Insulinwirkung zu verbessern. Im Anfangsstadium kann man die Krankheit damit sogar vorübergehend wieder zum Verschwinden bringen. Außerdem kann der Arzt Medikamente verordnen. Doch in der Regel schreitet ein Diabetes mit den Jahren weiter fort. Viele Patienten gelangen irgendwann an einen Punkt, an dem Tabletten allein nicht mehr ausreichen und sie zusätzlich Insulin spritzen müssen, um die Blutzuckerwerte im Griff zu behalten.
Quelle: Wort und Bild Verlag
Bild: F1 online/ Arno Images/ Cultura Images
Freitag, 22. Mai 2020